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Arten von Essstörungen

Das internationale Diagnose-Instrument DSM-5 der American Psychiatric Association (2013) unterscheidet drei Arten von Essstörungen: Anorexia Nervosa (Magersucht), Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Sucht) und Binge-Eating Störung (Störung mit Essanfällen).


Diagnosekriterien der Anorexia Nervosa (Magersucht) (307.1)


  • A. Eine in Relation zum Bedarf eingeschränkte Energieaufnahme, welche unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Entwicklungsverlauf und körperlicher Gesundheit zu einem signifikant niedrigen Körpergewicht führt. Signifikant niedriges Gewicht ist definiert als Gewicht, das unterhalb des Minimums des normalen Gewichts, oder bei Kindern und Jugendlichen, unterhalb des minimal zu erwarteten Gewichts liegt.
  • B. Ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, oder dauerhaftes Verhalten, das einer Gewichtszunahme entgegenwirkt, trotz des signifikant niedrigen Gewichts.
  • C. Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur oder des Körpergewichts, übertriebener Einfluss des Körpergewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder anhaltende fehlende Einsicht in Bezug auf den Schweregrad des gegenwärtig geringen Körpergewichts.
Man unterscheidet zwei Typen der Magersucht:
  • Restriktiver Typ: Während der letzten 3 Monate hat die Person keine wiederkehrenden Essanfälle gehabt oder kein "Purging"-Verhalten (d.h. selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt. Dieser Subtyp beschreibt Erscheinungsformen, bei denen der Gewichtsverlust in erster Linie durch Diäten, Fasten und/oder übermäßige körperliche Bewegung erreicht wird.
  • Binge-Eating/Purging-Typ: Während der letzten 3 Monate hat die Person wiederkehrende "Essanfälle" gehabt oder "Purging"-Verhalten (d.h. selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt.


Diagnosekriterien der Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Sucht) (307.51)


  • A. Wiederholte Episoden von Essanfällen. Ein Essanfall ist durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:
  1. Verzehr einer Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum (z.B. innerhalb eines Zeitraums von 2 Stunden), wobei diese Nahrungsmenge erheblich größer ist als die Menge, die die meisten Menschen in einem vergleichbaren Zeitraum unter vergleichbaren Bedingungen essen würden.
  2. Das Gefühl, während der Episode die Kontrolle über das Essverhalten zu verlieren (z.B. das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können oder keine Kontrolle über Art und Menge der Nahrung zu haben).
  • B. Wiederholte Anwendung von unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen, um einer Gewichtszunahme entgegenzusteuern, wie z.B. selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Laxantien, Diuretika oder anderen Medikamenten, Fasten oder übermäßige körperliche Bewegung.
  • C. Die Essanfälle und die unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen treten im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von 3 Monaten auf.
  • D. Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung.
  • E. Die Störung tritt nicht ausschließlich im Verlauf von Episoden einer Anorexia Nervosa auf.

Diagnosekriterien der Binge-Eating-Störung (Störung mit Essanfällen) (307.51)


  • A. Wiederholte Episoden von Essanfällen. Ein Essanfall ist durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:
  1. Verzehr einer Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum (z.B. innerhalb eines Zeitraums von 2 Stunden), wobei diese Nahrungsmenge erheblich größer ist als die Menge, die die meisten Menschen in einem vergleichbaren Zeitraum unter vergleichbaren Bedingungen essen würden.
  2. Das Gefühl, während der Episode die Kontrolle über das Essverhalten zu verlieren (z.B. das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können oder keine Kontrolle über Art und Menge der Nahrung zu haben).
  • B. Die Essanfälle treten gemeinsam mit mindestens drei der folgenden Symptome auf:
  1. Wesentlich schneller essen als normal.
  2. Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl.
  3. Essen großer Nahrungsmengen, wenn man sich körperlich nicht hungrig fühlt.
  4. Alleine essen aus Scham über die Menge, die man isst.
  5. Ekelgefühle gegenüber sich selbst, Deprimiertheit oder große Schuldgefühle nach dem übermäßigen Essen.
  • C. Es besteht deutlicher Leidensdruck wegen der Essanfälle.
  • D. Die Essanfälle treten im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten auf.
  • E. Die Essanfälle treten nicht gemeinsam mit wiederholten unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen wie bei der Bulimia Nervosa und nicht ausschließlich im Verlauf einer Bulimia Nervosa oder Anorexia Nervosa auf.

 


Andere Näher Bezeichnete Essstörungen

 

Diese Kategorie gilt für Erscheinungsbilder, bei denen charakteristische Symptome einer Essstörung vorherrschen, die in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen, bei denen die Kriterien für eine der oben beschriebenen Essstörungen aber nicht vollständig erfüllt sind. Darunter fallen z.B. die folgenden Beschwerdebilder:

  • Atypische Anorexia Nervosa: Sämtliche Kriterien der Anorexia Nervosa sind erfüllt, allerdings liegt das Körpergewicht der Person trotz erheblichen Gewichtsverlusts im oder über dem Normalbereich.
  • Bulimia Nervosa (von geringer Häufigkeit und/oder begrenzter Dauer): Sämtliche Kriterien der Bulimia Nervosa sind erfüllt, jedoch treten die Essanfälle und das unangemessene Kompensationsverhalten im Durchschnitt seltener als einmal pro Woche und/oder weniger als 3 Monate lang auf.
  • Binge-Eating-Störung (von geringer Häufigkeit und/oder begrenzter Dauer): Sämtliche Kriterien der Binge-Eating-Störung sind erfüllt, jedoch treten die Essanfälle im Durchschnitt seltener als einmal pro Woche und/oder weniger als 3 Monate lang auf.
  • Purging-Störung: Wiederkehrendes Purging-Verhalten, um Gewicht oder Figur zu beeinflussen (z.B. selbstherbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder anderen Medikamenten) ohne Auftreten von Essanfällen.
  • Night-Eating-Syndrom: Wiederkehrende Episoden nächtlichen Essens in Form von Essen nach dem Erwachen aus dem Schlaf oder von übermäßiger Nahrungsaufnahme nach dem Abendessen. Die Personen sind sich des Essens bewusst und können sich daran erinnern. Das "Night-Eating" kann nicht besser durch externe Einflüsse, wie z.B. Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus oder regionale soziale Normen erklärt werden. Das "Night-Eating" verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und/oder Beeinträchtigungen in psychosozialen Funktionsbereichen. Das gestörte Essverhalten kann nicht besser durch eine Binge-Eating-Störung oder eine andere psychische Störung, erklärt werden und ist nicht Folge einer körperlichen Erkrankung oder eines Medikaments.

Quelle: American Psychiatric Association (2013). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5. Göttingen: Hogrefe.

Die Diagnosekriterien zum Download:

Diagnosekriterien nach DSM-5
Diagnosekriterien Essstörungen_DSM-5.pdf (444.29KB)
Diagnosekriterien nach DSM-5
Diagnosekriterien Essstörungen_DSM-5.pdf (444.29KB)